Nasensprays

Immer wieder liest man mehr oder weniger fragwürdige Artikel über Sinn und Unsinn von Nasensprays. In einem aktuellen Artikel behauptet die Rheinische Post sogar, dass weit über eine Million Deutsche abhängig von Nasensprays wären und ihnen langfristig schwere Schäden (nicht nur) an ihrem Riechorgan drohen.

Wenn ich solche Artikel lese, bei denen offensichtlich wird, dass der Verfasser entweder keine Ahnung hat, oder nicht verstanden hat, was die Experten ihm erzählt haben, sträuben sich mir die Nackenhaare und meine Zweifel an seriösem Journalismus steigen mal wieder erheblich.

Ich möchte den genannten Artikel von Februar 2020 nicht weiter kommentieren, sondern hier einmal meine Sichtweise zu diesem Thema aus meiner ärztlichen Erfahrung darstellen.

 

Ist Nasenspray gleich Nasenspray?

Hier fängt es schon an. Es gibt sehr unterschiedliche Formen von Nasensprays, deren Inhaltsstoffe auch unterschiedliche Wirkungen haben, wodurch sich ggf. auch unterschiedliche Nebenwirkungen ableiten lassen. Daher möchte ich die einzelnen Klassen einmal beschreiben.

 

Abschwellende Nasensprays mit chemischen Wirkstoffen

Es gibt in Deutschland drei Wirkstoffe, die in solchen Sprays vorkommen: Xylometazolin, Oxymetazolin und Tramazolin. Im Prinzip wirken sie alle gleich, sie verengen die Blutgefäße der Nasenschleimhaut, wodurch sie zu einer Abschwellung der Nasenschleimhaut führen, was die Nase wieder frei(er) macht. Unterschiede gibt es in der Schnelligkeit des Wirkungseintritts, der Dauer der Wirkung, und der systemischen Wirkung (im ganzen Körper). Dabei wirkt Xylometazolin am schnellsten, Oxymetazolin am längsten, während von Tramazolin die höchsten Konzentrationen im Blut nachweisbar sind, weswegen dieser Stoff nicht so empfehlenswert erscheint.

Alle Wirkstoffe haben den gleichen Nebeneffekt: Wenn die Wirkung nachlässt, kommt es reaktiv zu einer einige Stunden dauernden Mehrdurchblutung der Schleimhäute, in dessen Folge sie wieder anschwellen und die Nasenatmung behindern können. Und genau hier liegt das Problem: Wenn man dann sofort wieder zum Spray greift, kommt es zu einem Teufelskreis, weil dies die Dauernutzung der Sprays fördert.

Dies muss nicht zu Dauerschäden führen, und solche sind nach meiner Auffassung auch recht selten. Allerdings sind sie möglich, darum ist es richtig, auf diese Gefahr aufmerksam zu machen. Dramatisieren muss man diese Gefahr aber keineswegs, und die Warnung, solche Sprays nicht länger als sieben Tage zu benutzen, halte ich für weit überzogen – ich sehe das deutlich gelassener.

Man muss hier auch wie in anderen Fällen darüber nachdenken, was geschehen kann, wenn man die Sprays nicht nutzt. Eine verstopfte Nase mindert die Lebensqualität, darüber hinaus kann das nächtliche Atmen durch den Mund aufgrund verstopfter Nase ja andere Folgen haben, bis hin zu deutlich erhöhter Infektneigung (die Nase ist ein Filterorgan und schützt vor Erkrankungen!) bis hin zur Lungenentzündung.

Meine Meinung: so selten wie möglich, aber so oft wie nötig.

Es gibt übrigens eine nicht so schlechte Alternative auf pflanzlicher Basis:

 

Abschwellende Nasentropfen auf pflanzlicher Basis

Es gibt einige davon, ich persönlich kennen zwei Produkte, die ich hier auch einmal namentlich erwähne, wobei ich ausdrücklich versichere, dass ich daran kein Geld verdiene: Tetesept Rhinolind und Propolis Nasal Spray. Beiden gemeinsam ist, dass sie ätherische Öle und hier vor allem Minzöl enthalten. Propolis enthält zusätzlich Bienenwachsprodukte, denen antibiotische Eigenschaften auf natürlicher Basis nachgesagt werden, wodurch es aber auch deutlich teurer wird.

Ich habe beide schon persönlich getestet, in der Tat haben sie eine milde bis mäßige abschwellende Wirkung auf die Nasenschleimhaut. Der Vorteil ist, dass man sie häufiger einnehmen kann, weil Nebenwirkungen nur sehr selten sind.

Aber Vorsicht: Die Wirkung auf die Nase ist nach dem Einsprühen für einen kurzen Moment dramatisch, was wohl vor allem am Minzöl liegen dürfte. Es kommt zu einem kurzen, aber intensiven Brennen in der Nase, was einem schon einmal ein Tränchen in die Augen treiben kann. Danach ist alles okay, und die Wirkung setzt nach einigen Minuten ein.

Meine Meinung: Nicht so stark wirksam wie chemische Substanzen, trotzdem aber eine sehr gute Alternative zu diesen, vor allem bei leichteren Beschwerden und in der Entwöhnungsphase nach Einsatz der chemischen Stoffe. Ich benutze sie sehr gerne.

 

Antiallergische Nasensprays

Hier gibt es vor allem zwei Substanzen, Levocabastin und Azelastin. Beide sind gut geeignet, Nasenprobleme bei allergischem Schnupfen und verstopfter Nase zu behandeln. Dabei haben sie neben der relativ schnell einsetzenden Sofortwirkung oft auch eine Dauerwirkung, wenn man sie regelmäßig benutzt. Mit diesen Substanzen kann man also gut die Allergiezeit überbrücken, in der Allergie freien Zeit, wenn die entsprechenden Pollen nicht in der Luft schweben, benötigt man sie (abgesehen von der ganzjährigen Hausstaubmilbenallergie) nicht. Azelastin ist darüber hinaus auch geeignet zur Behandlung des Fließschnupfens, wenn also die Nase dauerhaft läuft, kann aber als Nebenwirkung das Nasensekret stark eindicken, was die Entleerung beim Nasenputzen behindert.

Meine Meinung: Oft sehr gut wirksam und für den Dauergebrauch geeignet.

 

Cortisonhaltige Nasensprays

Diese Sprays enthalten, wie der Name schon sagt, ein Cortison oder eine Cortison ähnliche Substanz. Wirkstoffe sind z. B. Budesonid, Mometason oder Fluticason. Allen diesen Substanzen ist erfreulicherweise gemeinsam, dass sie kaum resorbiert werden, der Wirkstoff also überwiegend in der Nase bleibt und nur in ganz geringer Konzentration in den Körper überführt wird. Damit sind die typischen systemischen Nebenwirkungen von Cortisonpräparaten z. B. in Tablettenform sehr unwahrscheinlich bis unmöglich.

Diese Sprays helfen allerdings nicht sofort, sondern erst nach einigen Tagen und nur bei regelmäßiger Anwendung. Mit anderen Worten: In der Allergiesaison muss man sie regelmäßig nehmen, wodurch man aber oft abschwellende Nasentropfen vermeiden oder den Gebrauch deutlich verringern kann. Ist die Allergiesaison vorbei, kann man sie problemlos absetzen.

Nasensprays mit Cortison sind übrigens auch Medikamente der ersten Wahl bei akuter Entzündung der Nasennebenhöhlen (Sinusitis). Sie sind sogar besser wirksam als die früher fast immer verordneten Antibiotika, was durch Studien eindeutig belegt wurde. Hier muss man sie meist nur 7-14 Tage anwenden.

Meine Meinung: Sehr gut wirksam, und bei Bedarf auch dauerhaft einsetzbar.

 

Nasensprays mit Meer- oder Salzwasser

Hier handelt es sich eigentlich um Wirkstoff freie Sprays, die lediglich Meer- oder Salzwasser enthalten. Ob hier wirklich Meerwasser enthalten ist, vermag ich nicht zu beurteilen. Die Wirkung dürfte begrenzt sein, man kann sie zur Reinigung der Nase oder zum auflösen von Borken und Krusten benutzen, einen größeren Sinn sehe ich ansonsten nicht in der Anwendung. Dafür haben sie aber auch keine Nebenwirkungen.

Meine Meinung: manchmal hilfreich, für einen ernsten Schnupfen oder gar allergische Situationen allenfalls unterstützend geeignet.

 

Zusammenfassung:

Die oft zu lesende pauschale Warnung vor Nasensprays halte ich für unbegründet. Seltene ernste Nebenwirkungen sind aus meiner Sicht nur bei den abschwellenden Nasentropfen mit chemischen Wirkstoffen möglich. Dass man darauf hinweist, ist natürlich in Ordnung, aber man sollte es nicht dramatisieren.

Ein großes Problem habe ich jedoch mit der Nutzung der Worte „Abhängigkeit“ und Sucht“. Hier werden Nutzer von Nasensprays in einen Topf geworfen mit Alkoholkranken, Rauchern, und Rauschgiftsüchtigen. Mit Verlaub, das ist großer Schwachsinn. Ist denn ein Diabetiker, der regelmäßig zur Behandlung seiner Erkrankung Insulin benötigt, damit insulinsüchtig?

Ich meine, Ärzte sind gut beraten, sich hier in Zurückhaltung zu üben. Oft sind es unbedachte Äußerungen, die nachhaltig das Verhalten von Patienten stigmatisieren, sie verängstigen und damit sinnvolle Therapien erschweren. Was das soll, außer der Selbstdarstellung der Ärzte zu dienen, erschließt sich mir nicht.

Und schlimm genug, dass die Presse darauf anspringt, und dann in reißerischer Form von der Nasenspraysucht berichtet und pauschal und völlig unbegründet vor der Anwendung warnt.