Was nimmt denn ein Arzt so für Medikamente?

Ich weiß es noch genau! Es war, als ich zum ersten Mal wegen der echten Virusgrippe 10 Tage nicht arbeiten konnte. Meine Patienten wurden unruhig, und einige zeigten leider auch wenig Verständnis, dass ein Arzt einmal krank werden kann. (Patient = Patientin = geschlechtsneutral!)

Die Krönung war die Aussage einer Patientin zu meiner Mitarbeiterin: „Ich verstehe nicht, warum der Doktor so lange krank ist, der nimmt doch viel bessere Medikamente, als er seinen Patienten verschreibt!“

Diesen Satz habe ich nie wieder vergessen. Es gibt also offensichtlich Patienten, die glauben, dass es für Ärzte (oder vielleicht auch für Privatpatienten) bessere Medikamente gibt, als den „normalen“ Patienten verschrieben wird.

Ja, das wäre natürlich schön, dann würde ich ja nie krank werden, hätte ich doch immer ein Zaubermittel für mich. Aber leider: diese Zaubermittel gibt es nicht. Was man übrigens auch leicht daran erkennen kann, dass ich überhaupt an der echten Grippe (übrigens zum ersten Mal in meinem Leben – und hoffentlich auch zum letzten Mal) erkrankt bin.

Natürlich war ich geimpft, mit dem gleichen (trivalenten) Impfstoff, den die Bundesregierung damals auch für alle Kassenpatienten vorgeschrieben hatte. Ich bin aber genauso ein Opfer dieser Entscheidung geworden, wie viele meiner Patienten auch. Und leider hatte ich keine Zauberpille….

Ich habe oft über diesen Satz nachgedacht, und bin zu der Erkenntnis gekommen, dass es vielleicht für Patienten von Interesse sein könnte, was ich denn als Arzt überhaupt so für Medikamente bzw. Wirkstoffe einnehme. Und darüber möchte ich hier berichten.

Es gibt in der Tat einige Wirkstoffe, die ich für bestimmte Wehwehchen einnehme, weil sie mir zum einen gut helfen, zum anderen grundsätzlich und bei mir insbesondere keine Nebenwirkungen haben. Da ich im Prinzip ziemlich gesund bin, schreibe ich auch noch die Medikamente hinzu, die ich im Verwandtenkreis verschreibe. All diese Wirkstoffe halte ich für gut wirksam mit niedrigem Nebenwirkungsprofil. Ich nenne ganz bewusst nur die Wirkstoffe, weil ich für keine Pharmafirma Werbung machen möchte. Ob das Produkt dann von Hexal, 1A-Pharma, Stada oder sonst einer Firma kommt, ist mir wurscht, ich kaufe immer das ein, was laut Liste gerade das preisgünstigste ist - und ich hatte noch nie Probleme damit.

 

Schmerzen und Fieber

Hier bevorzuge ich Ibuprofen, meist 400 mg, bei stärkeren Schmerzen (Rücken) 600 mg. Reicht das nicht, gibt es noch Novaminsulfon (=Metamizol), Celecoxib oder Tramadol, wobei die letzten beiden Substanzen aber nicht auf Fieber wirken und von mir nur bei sehr starken Schmerzen eingesetzt werden.

 

Sodbrennen

Meine Lieblingssubstanz ist hier Famotidin, sie wirkt bei mir schnell und zuverlässig. Gut wirksam ist aber auch Pantoprazol, auch wenn es etwas länger dauert, bis die Wirkung bei mir einsetzt. Für eine regelmäßige tägliche Dauereinnahme ist allerdings Pantoprazol besser geeignet.

 

Husten

Hier sind Ambroxol und ACC etwa gleich wirksam, manchmal nehme ich auch ein pflanzliches Mischpräparat ein. Als Hustenstiller bevorzuge ich Pentoxyverin.

 

Aphten im Mund bzw. Lippenherpes

Eine wirksame Therapie existiert nach wissenschaftlichen Studien nicht. Bei mir wirkt jedoch ein Präparat mit mehreren B-Vitaminen in der Frühphase so, dass die Aphte gar nicht erst entsteht.

 

Grippe

Bei der echten Grippe gibt es keine sinnvolle Therapie, die die Krankheit verkürzt. Ja, es sind zwei Produkte auf dem Markt, die in der Frühphase wirksam sein sollen. Beide Produkte sind für mich wegen der relativ häufigen Nebenwirkungen inakzeptabel, ich würde sie nie einnehmen, und verschreibe sie deswegen auch nur auf ausdrücklichen Wunsch des Patienten nach Aufklärung über die Nebenwirkungen.

Dann bleiben also nur symptomatische Maßnahmen gegen Fieber und Husten – siehe oben!

Am besten ist die frühzeitige Impfung, die ich auch immer für mich in Anspruch nehme. Inzwischen dürfen ja nur noch tetravalente Impfstoffe verwendet werden, wodurch der Schutz besser geworden ist, aber leider immer noch nicht bei 100%, sondern nur bei 60-70% liegt. Besser geht es aber derzeit nicht.

Was ich überhaupt nicht mag, sind die in den Medien oft stark beworbenen Kombinationspräparate, in denen auch Aufputschmittel enthalten sind. Diese Substanzen sind sehr umstritten, und nicht umsonst teilweise auf der Doping-Liste.

 

Antibiotika

Tja, die nehme ich eigentlich fast nie ein, in meinem Leben bisher dreimal, und rückwirkend betrachtet war das in zwei von drei Fällen auch völlig unnötig. Aber damals war ich noch nicht Arzt.

Viele Patienten fragen mich nach einem „leichten“ Antibiotikum oder erzählen davon, aber solche Mittel gibt es nicht. Entweder es wirkt auf die Bakterien (dann ist es für diese tödlich), oder eben nicht, weil eine Resistenz besteht. Dann hat man außer Nebenwirkungen keinen Effekt.

Es muss auch deutlich betont werden, dass Antibiotika bei den üblichen „Bagatellerkrankungen“ fast immer unnötig sind, und der Schaden den Nutzen überwiegt. Weder Erkältung, noch Grippe, Nasennebenhöhlenentzündung, Mittelohrentzündung, oder gar Rachenentzündung bzw. Bronchitis sind ein Grund für Antibiotika, und das ist in allen Fällen nicht nur meine Meinung, sondern durch Studien wissenschaftlich klar belegt.

Lediglich die eitrige Angina tonsillaris (Mandelentzündung) und leider auch die Blasenentzündung der Frau bedürfen noch (!) der Antibiose. Dabei ist aber zu beachten, dass ein Halsschmerz noch lange keine Angina ist, nach meinen Erfahrungen ist nur eine von 30-40 Halsschmerzen eine echte Mandelentzündung. Solange keine weißen Beläge auf den Mandeln zu sehen sind (googeln sie mal nach Angina tonsillaris), gibt es keinen Grund für Antibiotika.

Und selbst dann, wenn in einem Rachenabstrich Bakterien vorgefunden werden (und das werden sie fast immer), muss man nicht handeln, denn wir haben immer Bakterien im Mund und im Rachen, aber diese stellen in der Regel keine Gefahr für uns dar.

(Hinweis: diese Ausführungen über Antibiotika beziehen sich auf die in der Praxis oft vorkommenden Bagatellerkrankungen. natürlich gibt es eine Reihe schwerwiegender Erkrankungen, wie z. b. Lungenentzündung, Gallenentzündung oder Nierenbeckenentzündung, bei denen Antibiotika unbedingt wichtig sind!)

 

Schnupfen

Hier bevorzuge ich ein ganz normales Nasenspray. Es gibt sie mit den Wirkstoffen Xylometazolin, Tramazolin und Oxymetazolin. Bisher habe ich immer Xylometazolin genommen, bin aber auf Oxymetazolin umgestiegen, weil es bei mir länger wirkt, also seltener eingenommen werden kann.

Wichtig: alle diese Wirkstoffe befreien die Nase, weil sie die Durchblutung der Nasenschleimhaut reduzieren, wodurch die Schwellung der Schleimhaut zurück geht. Nachteil: Wenn die Wirkung nachlässt, kommt es reflektorisch zu einer Mehrdurchblutung der Nasenschleimhaut mit erneuter Verstopfung der Nase. Wenn man dann gleich wieder Nasenspray anwendet, kann man so in einen Teufelskreis geraten, der dazu verleitet, diese Sprays auf Dauer einzusetzen.

Hier sollte man also aufpassen, und am Ende des Schnupfens auf die weitere Anwendung verzichten. Die reflektorische Verstopfung nach Gebrauch geht (wenn der Schnupfen vorbei ist) innerhalb einiger Stunden wieder weg, und lässt sich oft auch mit pflanzlichen Sprays oder Meerwassersprays lindern.

 

Heuschnupfen

Für den „normalen“ Heuschnupfen ist ein Kortison haltiges Nasenspray das Mittel der Wahl, hier ist vor allem Mometason zu nennen. Man muss es allerdings regelmäßig täglich einnehmen, sonst wirkt es nicht. Akut wirksam sind antiallergische Nasentropfen, wie z. B. Levocabastin oder Azelastin.

In stärkeren Fällen kann man auch ein Antiallergikum in Tablettenform einnehmen, hier zum Beispiel Cetirizin. Wirken auch diese nicht, gibt es noch verschreibungspflichtige Präparate wie Fexofenadin oder Ebastin. Diese dürfen von Ärzten aber nur verschrieben werden, wenn andere Substanzen nicht mehr helfen.

 

Nahrungsergänzungsmittel

Diese sind zu 99% nach wissenschaftlichen Studien überflüssig und helfen nur der Pharmafirma, die sie herstellt oder vertreibt. Das gilt auch für Vitaminpräparate, wie Vitamin E oder gar Vitamin D. Keine Studie konnte bisher belegen, dass die Einnahme von Vitamin D in Tablettenform bei gesunden Menschen irgendeinen Nutzen für den Organismus bringt. Und die regelmäßige lange Einnahme von Vitamin E verkürzt sogar die Lebenserwartung!

Darum macht es z. B. auch keinen Sinn, den Vitamin-D-Spiegel zu bestimmen, wie ich an anderer Stelle schon erläutert habe.

Trotzdem nehme auch ich hin und wieder Nahrungsergänzungsmittel zu mir:

Ein Multivitaminpräparat aus der Vitamin-B-Reihe habe ich bereits oben erwähnt. Für Omega-3-Fettsäuren gibt es zumindest einige Hinweise, dass diese sich positiv auf unsere geistigen Fähigkeiten und auch auf Herzkrankheiten auswirken können, bewiesen ist das aber bislang noch nicht.

Und dann sei noch erwähnt, dass ich aktuell Präparate einnehme, die meine Darmflora positiv beeinflussen sollen. Hier handelt es sich überwiegend um Kapseln mit wichtigen Darmbakterien, aber auch Mittel, die unsere Darmbakterien zum Wachsen gerne benötigen, z. B Inulin (nicht Insulin!), Apfelpektin und Maisdextrin.

Warum mache ich das? Weil sich mehr und mehr die wissenschaftliche Erkenntnis durchsetzt, dass eine intakte Darmflora (die übrigens durch Antibiotika empfindlich gestört werden kann) immens wichtig für die Gesundheit unseres Organismus ist. Forschungen dazu laufen auf Hochtouren, aber konkrete Ergebnisse werden dauern, bis dahin will ich aber nicht warten.

 

Bluthochdruck

Hier gibt es eine Reihe gut wirksamer Substanzen, die alle meist wenig Nebenwirkungen haben. Hier sind vor allem Ramipril, Candesartan, Amlodipin oder Metoprolol zu nennen, die ich bei Bedarf alle auch selbst einnehmen würde.

 

Fazit

All dies sind Wirkstoffe, die ich selbst (gelegentlich) einnehme, oder die ich Familienangehörigen guten Gewissens verschrieben habe. Sie sind wissenschaftlich gut untersucht und haben meist wenig bis gar keine Nebenwirkungen. Zaubermittel kenne ich keine, kann somit auch keine empfehlen.

Sicher gibt es noch mehr gute Wirkstoffe für bestimmte Erkrankungen. Wenn sie das interessiert, fragen sie mich einfach, dann werde ich die Liste hier gerne ergänzen.

Hinweis: Welches Medikament für Sie persönlich in einer bestimmten Situation sinnvoll ist, kann natürlich nur ihr behandelnder Arzt gemeinsam mit Ihnen beurteilen, daher kann diese Aufstellung keinen Arztbesuch ersetzen!