Urteil des OVG vom Juli 2020 (Beschluss vom 28.07.2020 - 13 B 675/20.NE)

geschrieben am 15.8.2020 / Brief vom 25.8.20 (siehe ganz unten)

 

Am 28.7.20 wurde vom Oberverwaltungsgericht NRW in Münster die Klage eines Bürgers gegen die Maskenpflicht abgewiesen. Ich habe mir das Urteil und die Urteilsbegründung einmal angesehen, der komplette Text lässt sich z. B. bei dejure.org herunterladen. (Möglicherweise muss man sich dazu aber registrieren, eine Kopie des Textes kann auch bei mir per Mail angefordert werden, allerdings nur mit komplettem Namen und Anschrift.)

Über die juristischen Aspekte des Urteils kann ich mir kein Urteil erlauben, denn ich bin kein Jurist. Aber ich kann die medizinischen Begründungen beurteilen, und da muss ich feststellen, dass hier erhebliche Defizite vorliegen. Da wurden kritiklos einfach Behauptungen aus den Medien übernommen, auch veralteten Aussagen des RKI geglaubt, jedoch wurden aktuelle Studien überhaupt nicht in das Urteil und seine Begründung einbezogen.

Ich war bisher ein 100%iger Verfechter unseres Rechtstaats. Angesicht dieses Urteils ist meine Meinung allerdings deutlich ins Wanken geraten. Es ist für mich erschreckend, wie nachlässig und aus meiner Sicht grob fahrlässig die Richter hier geurteilt haben. Ist es nicht die Pflicht deutscher Richter, nach der Wahrheit zu suchen?

Die Urteilsbegründung ist auf dejure.org in 86 Sätze gegliedert. Ich möchte im Folgenden darlegen, warum ich die Urteilsbegründung aus medizinischer Sichtweise für schwach und falsch halte.

 

So wird im Urteil nicht darauf Bezug genommen, wie man denn zu einem „Kranken, Krankeitsverdächtigen oder Ausscheider“ wird, da dies nur auf einem recht fehleranfälligen PCR-Test aufbaut, der weder frische (und damit infektiöse) von alten ausgeheilten Infektionen unterscheiden kann, natürlich auch einen falsch positiven Anteil an Testergebnissen hat und schließlich aufgrund des positiv prädikativen Wertes des Tests bei niedrigen Infektions- und hohen Testzahlen bis zu 80% und mehr falsch positive Ergebnisse liefern kann. (Satz 31 des Urteils)

Auch wird der Begriff „Maske“ nicht hinreichend definiert, so dass zur Schutzwirkung keine der allgemeinen Aussagen des Gerichts über alle Masken zutreffend ist. (Satz 31, 44, 57 des Urteils)

Auch wird nicht ausreichend berücksichtigt ob Masken oder bestimmte Masken hinreichend sicher wirksam sind bzw. auch sowohl körperlich als auch psychisch schaden können. (Satz 31, 41, 58, 66, 72, 79)

Dass eine Traumatisierung allgemein und besonders bei Kindern vom Gericht verneint wird, widerspricht einer aktuellen Studie wie auch vielen Äußerungen von Erzieher(inne)n, Lehrer(inne)n und Psychologen. (Satz 76)

Und es wird nicht berücksichtigt, dass die Maske ja nur andere schützt (schützen soll), aber nicht den Träger selbst. (Satz 44)

Die vom Gericht angeführten Alternativen (ärztliche Bescheinigung, Glaswand, Visier) sind aus diversen Gründen nicht zielführend. Denn eine ärztliche Bescheinigung wird oft nicht anerkannt. Es gibt bekannte Vorfälle, wonach solche Menschen ohne Maske von der Beförderung im ÖPNV ausgeschlossen bzw. des Geschäfts verwiesen wurden. Darüber hinaus gibt es Tätigkeiten die nicht stationär verrichtet werden können (z. B. Gesundheitsbereich, Verkauf, Beratung), so dass ein Schutz durch eine Glasscheibe nicht möglich ist. Dazu sind Visiere nachweislich unwirksam für den Eigen- und Fremdschutz. (Satz 82)

Ferner wird davon ausgegangen, dass komplett asymptomatische Infizierte andere anstecken können. Dafür gibt es bisher aber keinen sicheren Beleg. Denn bei Infektionsketten-Beobachtungen wurde bisher nicht von einer nachgewiesenen Infektion seitens eines dauerhaft und komplett asymptomatischen Trägers berichtet (wer in der Zeit einen Schnupfen hat, ist nicht komplett asymptomatisch, auch leichte Beschwerden gelten als Symptome). Sicher gilt lediglich der Beginn der Infektionsfähigkeit ca. 1-2 Tage vor Beginn der Symptome, wobei mehrheitlich nur 1 Tag angenommen wird, während das Gericht 3 Tage als Tatsache hinstellt. (Satz 46).

Die Verhältnismäßigkeit einer Maßnahme und damit Unbedenklichkeit bzgl. der Verfassung setzt aber doch voraus, dass zum einen eine Maßnahme wirksam ist, zum zweiten eine genügend hohe Menge der Bevölkerung eine Gefahr darstellen muss. Ist es genügend, wenn wir aktuell von 1000 neuen positiven Testergebnissen pro Tag ausgehen, und nur einmal annehmen, dass es sich ausschließlich um frische Infizierte handelt (was natürlich nicht so ist), weiter von einer Gefahr für die Bevölkerung nur in der Zeit vor Ausbruch der Symptome von lt. Gericht 3 Tagen ausgehen, können demzufolge etwa 3000 Menschen unerkannt infiziert und damit eine Gefahr für andere sein. Dies ist bezogen auf die Bevölkerung einer von ca. 28.000! Und dafür müssen 27.999 unnötig eine Maske tragen! (Satz 34 des Urteils)

Besonders bedenklich finde ich, dass allgemein eine Infektionserkrankung ausreicht, deren Weiterverbreitung verhindert werden soll. Wer definiert das, und wäre damit nicht jeder Schnupfen schon ausreichender Grund für Quarantäne und Lockdown? Hier macht es sich das Gericht doch sehr einfach, denn: Was ist eine Vielzahl von Infektionsfällen, wer bestimmt das inkl. dem Ziel, die Weiterverbreitung zu verhindern? (Satz 38)

Schließlich ist staatliches Einschreiten aus medizinischer Sicht „mit Blick auf die Schutzpflicht des Staates für Leib und Gesundheit der Bevölkerung“ aber nur dann geboten und sinnvoll, wenn nicht die Gefahr für Leib und Gesundheit durch die Maßnahmen staatlicher Eingriffe noch größer ist als die Gefahr der Erkrankung selbst. Der Staat wird jedoch seiner Pflicht nicht gerecht, zu prüfen, ob durch ihre Maßnahmen ein wesentlicher gesundheitlicher Schaden entstehen könnte, der aus meiner Sicht und Erfahrung als Arzt schon lange gegeben ist. (Satz 49, 81)

Auch ist zu erkennen, dass sich das Gericht mehrfach der Terminologie der Medien anschließt, ohne diese zu überprüfen bzw. hinterfragen. So wird auf eine Sendung der Tagesschau Bezug genommen (Bericht über eine Studie zu Masken in Jena, die völlig falsch ist) sowie die Gleichsetzung von PCR-positiven Testergebnissen mit Infektion! Hier verletzt das Gericht grob fahrlässig seine Sorgfaltspflicht! (Satz 51 und 63)

Dazu bemüht das Gericht noch den Mythos der Überlastung unseres Gesundheitssystems, in dem es von anderen Ländern auf Deutschland schließt und dabei völlig außer Acht lässt, dass unser Gesundheitssystem mit keinem anderen Land weltweit vergleichbar ist. Eine Überlastung des Gesundheitssystems stand nie zur Gefahr und wurde von seriösen Medizinern auch nie befürchtet, zumal die Infektionszahlen ja schon nachweislich vor dem Lockdown wieder sanken und nebenbei die Maskenpflicht erst eingeführt wurde, als sich eine weitgehende Entspannung entwickelt hatte, wobei die Maskenpflicht am weiteren Verlauf der Testergebnisse erkennbar und beweisbar nichts beigetragen hat.

Andere Mittel, die gleich geeignet oder noch geeigneter wären, wurden seitens der Regierung nie geprüft. Hier darf man zum einen auf Schweden verweisen, welches ohne Lockdown und Maskenpflicht besser abgeschnitten hat als Länder mit schärferen Maßnahmen als Deutschland, wie z. B. Spanien und Italien. Allein damit zeigt sich, dass andere Mittel gleichwertig waren und sind, die unser Grundgesetz weniger stark außer Kraft gesetzt hätten. (Satz 55)

Und wenn eine Maske nachweislich nicht wirksam ist, aber sogar schädlich ist, bedarf es auch keiner weiteren Anordnung derselben. (Satz 55)

Es wurde ebenso nicht berücksichtigt, dass eine Infektion unter freiem Himmel aufgrund der vorhandenen Luftbewegung und Verdünnung der Ausatemlust nahezu unmöglich ist. (Satz 60)

Die Ausführungen zu möglicherweise vorhandenem Fremdschutz unter Bezug auf das RKI sind ebenso schwach, denn das RKI wie auch die WHO sahen (zu Recht) bis vor kurzem Masken als nicht zielführend zur Bekämpfung der Pandemie an. Die Änderung der Empfehlung entstand ohne neue Daten oder Studien, also wohl auf Druck der Regierung! (Satz 62)

Und die zuletzt geäußerten Hinweise auf zeitliche Begrenzung sind insofern unzutreffend, weil ja ein Ende der Maskenpflicht und auch anderer einschränkenden Maßnahmen aufgrund Äußerungen von verantwortlichen Politkern nicht erkennbar ist, sondern die Maskenpflicht aktuell noch verschärft wird, z. B. Schule, Kindergärten. (Satz 84)

 

All dies sind aus meiner Sicht gute Gegenargumente gegen das Urteil, und ich kann jedem Kläger, jeder Klägerin, jedem Rechtsanwalt bzw. -anwältin nur dringend empfehlen, neben den juristischen Aspekten auch auf aktuelle medizinische Aspekte mit Nachdruck hinzuweisen. Und alle meine Äußerungen lassen sich medizinisch durch Studien belegen. Es handelt sich zwar um meine Meinung, aber die ist wissenschaftlich gut begründet!

Zu diesem Punkt kann man mich jederzeit kontaktieren, ich helfe gerne mit, wenn es darum geht, die bürgerlichen Freiheitsrechte wieder herzustellen!

 

Leider ist dieses Urteil Basis für viele andere Urteile, kurz, die Richter sind zu bequem, selbst einmal nachzudenken, sondern nehmen dieses Urteil als Vorbild. Darum habe ich der Präsidentin des Oberverwaltungsgerichts einen Brief geschrieben, den sie hier nachlesen können (klick)